Martina van Berkel war über viele Jahre eine der schnellsten und erfolgreichsten Schwimmerinnen der Schweiz. Sie hält mehrere Schweizer Landesrekorde und repräsentiert ihr Land bei allen großen internationalen Wettkämpfen. Trainiert hat sie seit 2013 in Heidelberg bei Dr. Michael Spikermann. Doch Martina war nicht nur ambitioniert, wenn es um ihre Ziele als Top-Schwimmerin geht, sie arbeitete an ihrer Dissertation und mittlerweile hat sie ihr Doktorat am Lehrstuhl für Medienökonomie und Management an der Universität Zürich erfolgreich abgeschlossen.
Nun hat Martina van Berkel bekannt gegeben, dass sie ihr Karriere Ende November beenden wird.
Pressemitteilung zum Rücktritt von Martina van Berkel, 12.10.2017:
«Merci für alles!» Die Schwimmerin Martina van Berkel beendet Ende November in Uster ihre Karriere. Sie gewann 63 Goldmedaillen an Schweizer Meisterschaften, stand in sechs EM -‐ Finals und in je einem WM -‐ und Olympiahalbfinal – und diesen Sommer an der Universiade wurde sie Zweite über 200 Meter Delphin . Aber von ihr wird mehr in Erinnerung bleiben als nur ihre Erfolge. – «Wenn du dereinst aufhörst, wirst du jeden Tag mit der Achterbahn fahren müssen, damit dir die Emotionen nicht fehlen, die das Schwimmen dir gibt»: Das hat ihre Mutter vor ein paar Jahren zu Martina van Berkel gesagt, in einem Moment, da die Nerven bei einem Wettkampf wieder einmal verrückt spielten. Die Tochter lachte. Jetzt denkt sie: «Vielleicht hatte meine Mutter nicht unrecht.»
Martina van Berkel, 28 Jahre alt, beschliesst im Rahmen der Kurzbahn-‐Schweizer-‐ Meisterschaften Ende November in Uster ihre Karriere – fast anderthalb Jahrzehnte nach dem European Youth Olympic Festival 2003 in Paris, ihrem ersten Auftritt bei einer internationalen Meisterschaft. Bei der Eröffnungsfeier war sie die Fahnenträgerin des Schweizer Teams, nicht einmal im Traum konnte sie sich damals vorstellen, was sie erreichen würde.
Manchmal kann sie es sich noch heute nicht recht erklären, fühlt sich noch heute wie das kleine Mädchen, das sie einst war und das jetzt, im Rückblick, mit offenem Mund und grossen Augen staunt, zu was sie es gebracht hat. Unzählige Landesrekorde (darunter über 200 Meter Delphin in der Weltklassezeit von 2:07,90 Minuten), 63 Goldmedaillen an Schweizer Meisterschaften, 6 Finalteilnahmen an Europameisterschaften, mehrere Weltcup-‐Medaillen, je eine Halbfinalteilnahme an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen – und zuletzt, im Sommer 2017, endlich der internationale Podestplatz bei einem Grossanlass: Silber über 200 Meter Delphin an der Universiade in Taipeh.
Die Resultate, so eindrücklich sie sein mögen, sind nur das eine, das Martina van Berkel während ihrer Karriere ausgezeichnet hat. Sie war die Schwimmerin, für die ein Rennen oder ein Training kaum lange genug sein konnte, war eine Inspiration für alle, die sie kennen. Auf Aussenstehende mögen ihr unbändiger Ehrgeiz, ihr nie versiegender Tatendrang bisweilen wie Verbissenheit gewirkt haben, aber der Eindruck täuschte. Ihr Wille, immer noch etwas mehr zu investieren, im Wasser immer noch etwas härter zu arbeiten, basierte auf purer Lust. «Klar hatte ich Hochs und Tiefs», sagt sie. «Aber ich hatte nie einen Durchhänger, hatte immer Freude am Schwimmen.» Man sah ihr die Freude an. Sie ist eine Frohnatur, die im und ums Becken oft über das ganze Gesicht strahlte. Als sie ihre Trainingsgruppe in Heidelberg kürzlich über ihren Rücktritt informierte, sagte sie: «Merci für alles!» Und Michael Spikermann, ihr Trainer seit 2013, sagte: «Hey, wir haben zu danken! Wenn alle erschöpft waren, warst du es, die das Team angetrieben hat. Du sagtest: So, jetzt kommt!»
Van Berkel war im Schwimmclub Bülach unter dem Trainer Tibor Kiss grossgeworden und via den Schwimmclub Winterthur und Andrei Ichoutov zu den Limmat Sharks Zürich und deren Cheftrai-‐ ner Dirk Reinicke gelangt. Jeder Schritt war wohlüberlegt, keiner kam zu früh. Es war für sie die perfek-‐ te Karriere, was auch der Umstand beweist, dass Van Berkels Bestzeiten auf den Haupt-‐ und Neben-‐ strecken allesamt aus den Saisons 2016 und 2017 stammen. So konsequent, wie sie ihre Karriere verfolgt hat, tritt sie jetzt ab. Der Entschluss reifte Anfang Jahr, also vor der Silbermedaille an der Universiade, er brauchte nicht lange, um sich in ihr festzusetzen.
Immer öfter war sie eine der ältesten Schwimmerinnen am Start gewesen, und vor allem spürte sie, wie die Lust auf das, was das Leben sonst noch zu bieten hat, stetig grösser geworden war. «Ich höre auf, weil ich weiss, dass es der richtige Moment dafür ist», sagt sie, die wie nur wenige andere Sportlerinnen und Sportler neben der Karriere die Ausbildung vorangetrieben hat.
Nach dem Studium der Publizistik-‐ und Kommunikationswissenschaft begann sie 2013 ein Doktorat am Lehrstuhl für Medienökonomie und Management an der Universität Zürich, das sie soeben erfolgreich abgeschlossen hat. Jetzt freut sie sich auf das neue Leben – und hofft, dass die Zukunft ähnlich viel Aufregung und Herausforderungen bereithält wie die Vergangenheit, ein Leben auf der Achterbahn eben.
Schweizerin van Berkel trainiert für Olympia und schreibt Doktorarbeit