So merkst du, dass du ein Langstreckenschwimmer bist

by Daniela Kapser 0

July 19th, 2019 Deutsch

Der Originalartikel stammt aus der Feder von Olivier POIRIER-LEROY. Die Übersetzung erfolgte sinngemäß und wurde durch eigene Gedanken ergänzt.

Schwimmer sind schon ganz besondere Typen. Und unter ihnen gibt es dann noch die ganz Besonderen – die Brustschwimmer mit dem froschartigen Stil, der extrem flexible Kniegelenke erfordert. Die masochistischen Schmetterlingsschwimmer. Die coolen Sprinter, die sich für die Schnellsten der Welt halten. Und dann die Distanzschwimmer. Diejenigen, die die meisten Meter abreissen … und das ohne Murren (na ja … meistens).

Sie sind die Ersten im Wasser, die Letzten heraus. Und dabei sind sie noch bescheiden und zurückhaltend – während sie Kilometer um Kilometer im Pool zurücklegen. 

Sie lieben das Distanzschwimmen, haben im Freiwasser weniger Wenden. Sie haben eine kürzere Taperzeit als die Sprintgruppe und sie haben immer  “Goggle-marks” um die Augen herum, weil sie jeden Tag so lange eine Chlorbrille tragen.

Hier sind 14 Besonderheiten der  Langstreckenschwimmer:

  1. Nullen können dich nicht erschrecken.
    Jedes Mal, wenn der Trainer ein Trainingsset an die Tafel schreibt, erschauerst du nicht, wenn du Wiederholungsserien mit “000” sieht. So what.
  2. Du kannst sehr gut alleine trainieren
    Du bist es ja gewohnt, im Wettkampf über einen langen Zeitraum mit dir und deinen Gedanken alleine zu sein. Und dem Wasser, der Sonne, dem Regen, dem Wind …wenn du auch mal im Freiwasser unterwegs bist …  daher ist es für dich auch kein Problem, wenn du Meter um Meter beim Training ohne Stopps und Small-talk ziehst.
  3. Dein Trainings-Logbuch enthält mehr Kilometer als dein Auto-Tachostand.
    Da kommt schon was zusammen, wenn ständig lange Distanzen trainiert werden. Da kann bei so manchem Athleten der Tachostand nicht mithalten. Du bewegst dich eben häufiger im Wasser als mit dem Auto fort.
  4. Du kennst viele Möglichkeiten, Wiederholungen zu zählen.
    Stehen z.B. 30 x 200 m auf dem Plan, dann kannst du von oben runterzählen oder von 1-30 aufwärts … oder du zählst dreimal 10 … je nachdem, wie du dich so fühlst. Oder du verlässt dich auch mal auf deinen Teamkameraden.
  5. Eine Trainingseinheit von 5.000 m – TAPER.
    Wenn die Sprinter während der Taperphase schon lange aus dem Wasser sind und trocken, satt und zufrieden vor dem Fernseher sitzen, taperst du noch ein wenig im Wasser. Für dich sind 5.000 m keine nennenswerte Distanz.
  6. Du kannst auf Autopilot umstellen.
    Manchmal weißt du gar nicht mehr, wie du die Trainingsstunden überstanden hat. Arme und Beine funktionierten einfach automatisch. Erst, wenn du den Pool verlassen hast du kaum laufen kannst, kehrt so langsam eine Erinnerung an die vergangenen harten Stunden zurück.
  7. Deine Schwimmerfreunde sind beeindruckt von deiner täglichen Leistung, aber für Nicht-Sportschwimmer  (Muggle)ist es geradezu unvorstellbar.
    Erzählst du einem Muggle, dass du 70.000 m in einer Woche geschwommen bist, wirst dies verblüffte Stille hervorrufen. Und du siehst richtig, wie versucht wird, diese Strecke in eine reale Entfernung zu übertragen.
  8. Manchmal bist du eifersüchtig auf die Sprinter.
    Manchmal bist du eifersüchtig auf ihre muskulösen Körper mit den kurzen Sprintermuskeln. Und auf ihre noch kürzeren Trainingseinheiten, die ein wenig länger dauern, als dein Aufwärmen. Aber vielleicht sind diese kleinen Stiche, die du fühlst, auch einfach nur Hunger und kein Neid.
  9. Die Schwimmbrille während des Schwimmens reinigen.
    Du meisterst die Reinigung deiner beschlagenen Schwimmbrille auch während des Schwimmens. Dazu musst du nicht stoppen. Und ja, manchmal sind auch ein paar Tränen dabei.
  10. Deine Kalorienaufnahme errreicht legendäre Ausmaße.
    Schwimmer essen viel. Aber Langstreckenschwimmer essen noch mehr. Es gibt Zeiten, da hast du kurz überlegt, mal einen Bissen von deinem Pull-bouy zu testen. Mmh, sehr fluffig.
  11.  Du weißt, wie es sich anfühlt, so durstig zu sein, dass du am liebsten 1000 Liter Wasser trinken würdest.
    In so einer Phase bist du einem Teamkameraden dankbar, der deine leere Trinkflasche auffüllt, während du noch mitten in einer Trainingseinheit steckst.
  12. Ein Fehlstart ist keine Option.
    1500m Freistil  zu schwimmen, ist anstrengend. Am Ende des Rennens bist du auch am Ende deiner Kräfte und du möchtest nicht erfahren, dass du wegen eines Fehlstarts disqualifiziert wurdest. Nein. Niemals. Dies passiert nicht wirklich. Es macht da echt nichts aus, wenn dein Start 0,5 Sekunden langsamer ist als der Rest des Feldes. So weißt du mit Sicherheit, nicht zu früh den Startblock verlassen zu haben.
  13. Du hast eine Wadenkrampf-Vermeidungsstrategie.
    Eine Banane nach dem Aufwärmen. Noch eine noch eine nach der ersten Einheit. 18 Liter Wasser. Sechs Gatorades. Und die Zehen zwischendurch ein wenig dehnen.
  14. Du hast ein Filmdrehbuch und einen Roman fertig in deinem Kopf.
    Während der zahlreichen langen Trainingseinheiten, ging dir eine Menge durch den Kopf. Du hast ein Drehbuch für einen Film geschrieben, der vielleicht mal einen Oscar gewinnen kann … und du hast einen 500 Seiten starken Roman gedanklich fertig gestellt … und weil du so viel Zeit zum Nachdenken hast, fängst du nochmal ganz von vorne an.

 

ABOUT OLIVIER POIRIER-LEROY

Olivier Poirier-Leroy is a former national level swimmer. He’s the publisher of YourSwimBook, a ten-month log book for competitive swimmers.

Conquer the Pool Mental Training Book for SwimmersHe’s also the author of the recently published mental training workbook for competitive swimmers, Conquer the Pool: The Swimmer’s Ultimate Guide to a High Performance Mindset.

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