Silbernes Lorbeerblatt für Wellbrock, Köhler, Krawzow, Engel, Schott

by Daniela Kapser 0

November 08th, 2021 Deutsch

Heute hat der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Medaillengewinnerinnen und -gewinnern der Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2020 in Tokio für ihre sportlichen Erfolge das Silberne Lorbeerblatt verliehen.

Die Ehrung der Athletinnen und Athleten eröffnete der Bundespräsident mit einer Ansprache. Anschließend überreichte er den Sportlerinnen und Sportlern die Auszeichnung. Das Silberne Lorbeerblatt ist die höchste staatliche Anerkennung für Spitzenleistungen im deutschen Sport. Sie wurde 1950 von Bundespräsident Theodor Heuss gestiftet. Bundespräsident Richard von Weizsäcker zeichnete 1993 erstmals Medaillengewinnerinnen und -gewinner der Olympischen und Paralympischen Spiele in einer gemeinsamen Feierstunde aus.

Bei den Olympischen und Paralympischen Sommerspielen konnten insgesamt 45 Sportlerinnen und 59 Sportler eine Medaille erringen.

Folgende Schwimmer-/innen erhielten die Auszeichnung:

Taliso Engel, Nürnberg
Gold, 100 m Brust

Sarah Köhler, Berlin
Bronze, 1500 m Freistil

Elena Krawzow (jetzt Semechin), Berlin
Gold, 100 m Brust

Verena Schott, Berlin
Bronze, 100 m Brust
Bronze, 100 m Rücken
Bronze, 200 m Lagen

Florian Wellbrock, Magdeburg
Gold, 10 km
Bronze, 1500 m Freistil

 

Nachfolgend die Rede des Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
bei der Verleihung des Silbernen Lorbeerblattes
an die Medaillengewinnerinnen und -gewinner der Olympischen und
Paralympischen Sommerspiele 2020
(ausgetragen in Tokio 2021)
am 8. November 2021 in Berlin
Quelle: www.bundespräsident.de

“Lauter Siegerinnen! Lauter Sieger: Ein tolles Bild! Ich freue mich
wirklich sehr, heute bei Ihnen und mit Ihnen zu sein an diesem
Nachmittag. Bei Ihnen, die bei den olympischen und paralympischen
Spielen in Tokio erster, zweiter oder dritter Sieger geworden sind.
Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, um heute das Silberne
Lorbeerblatt in Empfang zu nehmen. Nicht alle konnten es möglich
machen. Umso mehr freue ich mich, dass Elena Krawzow, unsere
Paralympiasiegerin über 100 Meter Brustschwimmen, unter uns ist.
Nach ihrer schweren Erkrankung ist das nicht selbstverständlich. Liebe
Frau Semechin, wie Sie nach Ihrer Hochzeit ja jetzt offiziell heißen: Wir
alle freuen uns, dass Sie Ihre Operation gut überstanden haben, und
wünschen Ihnen, alle hier, für Ihre weitere Genesung alles Gute!

Wir haben hier einen wunderschönen Ort, aber natürlich hätte ich
Sie alle gern zu mir, in den offiziellen Amtssitz des Bundespräsidenten,
das Schloss Bellevue, eingeladen. Aber dazu wären Sie, gerade wegen
der Pandemie-Beschränkungen, einfach zu viele. Das ist einerseits
schade, weil der Rahmen natürlich noch einmal ein ganz anderer, wenn
Sie so wollen: feierlicherer wäre. Andererseits können wir uns darüber
freuen, dass trotz aller Corona-Schwierigkeiten so viele Athletinnen und
Athleten von den Olympischen Spielen mit einer Medaille nach Hause
gekommen sind!
Darauf können in erster Linie Sie stolz sein, die Sie selber die
besonderen Leistungen erbracht haben. Darüber können sich auch alle
Freunde des Sports, alle Fans, alle Zuschauerinnen und Zuschauer
freuen, die mitgefiebert haben, die begeistert oder gerührt waren – oder
beides zusammen.

So nah und so intensiv wie nie zuvor haben die Medien diesmal die
Wettkämpfe und den Jubel der Sieger wie auch die Enttäuschung der
Verlierer eingefangen. So nah wie nie zuvor konnten wir zu Hause
verfolgen, welche Anstrengungen und Anspannungen, welche
Geschicklichkeit und welche Kondition, welche körperliche und seelische
Disziplin und Selbstkontrolle dazu gehören, um bei den olympischen und
paralympischen Spielen mithalten zu können.
Ironischerweise war diese große – manche sagen auch kritisch:
übergroße – mediale Nähe ausgerechnet bei diesen Spielen zu erfahren,
die ansonsten ja praktisch ohne Livepublikum auskommen mussten. Nur
so haben sie, was auch nicht unumstritten war und ist, überhaupt
ausgetragen werden können.
Es waren also eigenartige, es waren besondere Spiele, mit so gut
wie gar keinen anfeuernden Fans in den Hallen, an den Bahnen und im
Stadion. Und es waren um ein ganzes Jahr verspätete Spiele, was für
Sie, die Aktiven, ganz besondere Herausforderungen mit sich brachte.
Sie sind es gewohnt, Ihre Leistungsfähigkeit auf ein bestimmtes
Datum hin aufzubauen und zu steigern und genau dann topfit zu sein
und abzurufen. Und gerade wenn Sie eine derjenigen Sportarten
betreiben, die an gewöhnlichen Wettkampftagen nicht gerade die
Massen anziehen, haben Sie sich darauf gefreut, von vielen tausenden,
begeisterten Menschen im voll besetzten Stadion, in den Hallen und an
den Streckenrändern angefeuert und zu besonderen Höchstleistungen
getragen zu werden.
All das fehlte diesmal und umso höher ist es einzuschätzen, wenn
Sie alle, die Sie jetzt hier sind, dennoch so erfolgreich abgeschnitten
haben.
Das Silberne Lorbeerblatt ist die Anerkennung unseres Landes für
überragende sportliche Leistungen. Und Siege bei olympischen und
paralympischen Spielen gehören ganz ohne Frage zu solchen Leistungen
– und unter den diesjährigen Umständen erst recht.
Es ist übrigens interessant, dass Bundespräsident Heuss das
Silberne Lorbeerblatt gestiftet hat, kaum dass die Bundesrepublik ein
Jahr alt war. Im Sommer 1950 wurden bereits erste Athleten damit
ausgezeichnet. Das bedeutet, dass unser Staat von Anfang an
sportlichen Erfolgen eine große Aufmerksamkeit und Bedeutung
beimisst.
Und diejenigen, die solche Erfolge erringen, sind ja auch für viele
andere Vorbilder. Nicht nur im sportlichen Bereich. Diese Vorbildfunktion
erstreckt sich auf vieles. Wie Sportlerinnen und Sportler sich
charakterlich verhalten, wie und wofür sie in gesellschaftlichen Fragen
Stellung beziehen, das wirkt, ob Sie es wollen oder nicht, auf viele
andere Menschen zurück. Insofern bedeutet die Auszeichnung mit dem
Silbernen Lorbeerblatt auch eine Verantwortung: Verantwortung, die Sie
alle kennen und um die Sie alle wissen.
Liebe Athletinnen und Athleten, Sie alle haben diese Spiele auf eine
ganz besondere, einmalige Weise erlebt. Nicht nur jeder Sieg, nein,
jeder einzelne Start hat eine ganz besondere, einmalige Geschichte, die
ihm vorausging, die ihn begleitet und die ihm nachfolgt. Eine Geschichte,
die im Tiefsten nur Sie selber kennen und die sich in einem noch so
tiefen und intensiven Gemeinschaftserlebnis nicht auflöst.
Trotzdem bleibt uns allen natürlich die ein oder andere Geschichte,
die öffentlich geworden ist, im Gedächtnis: So wie die Zerstörung des
Bootes unseres Vierers beim Transport in Luxemburg – und das Hoffen
und Bangen, ob es das einzig existierende Ersatzboot rechtzeitig nach
Tokio schaffen würde. Wir alle wissen: Es hat geklappt. Wie
entscheidend doch oft Zufälle sein können, die außerhalb unserer Macht
liegen, und wie alles auf Messers Schneide stehen kann, ohne dass wir
noch eingreifen können.
Und was für Überraschungen immer möglich sind: Aline Rotter-
Focken gewinnt als erste deutsche Ringerin eine Medaille – und dann
noch Gold! Ein wirklich sporthistorischer Moment!
Und welche ganz besonderen Geschichten: Die Radfahrerin Annika
Zeyen hat für die Teilnahme an den Spielen ihre Hochzeit verschoben –
und bei den Paralympics Gold im Zeitfahren und Silber im Straßenrennen
gewonnen. Möge Ihre Ehe dann von solchen Erfolgen beflügelt beginnen!
Eine besondere Geschichte ist sicher auch der erste deutsche
Olympiasieg im Tennis-Einzel der Herren, den Alexander Zverev errang
– und sich so darüber gefreut hat, dass wir alle davon angesteckt
wurden. Ich denke, dass die Freude eines hochbezahlten Profis gerade
über diesen Sieg bei Olympia viele andere, deren Sportarten zwischen
den Spielen eher im Schatten stehen, noch einmal hoch motiviert hat.
Und eines hat mich noch besonders stark beeindruckt. Unsere
Radlerinnen im Bahnvierer waren bereits im Halbfinale Weltrekord
gefahren und haben diesen Rekord dann im Finale noch einmal
übertroffen und Gold geholt! Immer das Beste geben: Hier hat man
diesen Willen wieder großartig erleben können.
Ich bin mir sicher: Es gibt noch so viele einzelne Geschichten, die
diese Spiele für alle auf je besondere Art unvergesslich gemacht haben.
Vielleicht kommen wir ja nachher dazu, uns noch gegenseitig das eine
oder andere zu erzählen.
Damit wir aber bald zur Hauptsache des heutigen Tages, nämlich
der Aushändigung des Silbernen Lorbeerblattes kommen, will ich hier
erst einmal schließen.

Allen zusammen noch einmal einen herzlichen Glückwunsch, ein
herzliches Dankeschön und alles Gute für Ihre weitere sportliche und
auch private Zukunft!”

 

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