Führende internationale Anti-Doping-Experten haben in Bonn über das russischen Staatsdopings diskutiert, darunter Joseph de Pencier, Kanadier und der Leiter des Instituts der Nationalen Anti-Doping-Organisationen (INADO) und Rune Andersen, Norweger und Dopingermittler, u.a. im Fall des russischen Staatsdopings.
Der Deutschlandfunk veröffentlichte ein Interview, das die Journalistin Marina Schweizer führte.
Joseph de Pencier, der seinen Posten zum Ende des Jahres aufgeben wird, muss zwar erkennen, dass die “die Glaubwürdigkeit des Anti-Doping-Kampfes einen ziemlichen Schlag abbekommen hat”, aber er glaubt auch, “dass die Arbeit z.B. der NADA und WADA von zunehmend hoher Qualität ist”, wobei das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückgewonnen werden muss.
Rune Andersen glaubt, dass das System in Russland jetzt zerschlagen wurde, aber weltweit gibt es seiner Meinung nach viel zu tun. Die Russen sind seiner Meinung nach auf einem guten Weg, dass sich der russische Leichtathletikverband wieder in das internationale Sportgeschehen eingliedern kann.
Für De Pencier wäre ein wichtiger Schritt zu einer international gleichen Qualität der NADA’s, dass z.B. gut aufgestellte Agenturen wie in Deutschland Länder wie z.B. die Ukraine unterstützen. Die Gemeinschaften müssen aushelfen, damit alle Athleten mehr Gewissheit bekommen, dass ihre Wettkämpfe fair ablaufen. Für Andersen ist es wichtig, die “Dopingkultur” eines Landes wie z.B. Russland, zu ändern.
De Pencier nennt aus seiner Sicht als Beispiele für “einen erfolgreichen kulturellen Wandel bei der Dopingproblematik” z.B. die USA, die in den 1970ern und 80ern Doping im Privatsektor hatten und meint, Kultur der Leichtathletik in den USA hätte sich grundlegend gewandelt, ebenso sieht er einen Wandel im europäischen Radsport.
Die nicht vom Sport unabhängige WADA (Welt-Anti-Doping-Agentur) sieht de Pencier als noch nicht ausgereift an, sondern die WADA braucht seiner Meinung nach “neue Maßnahmen, um effektiv zu sein … und jetzt ist die Zeit, … eine aktualisierte, moderne und effektive Führungsstruktur für die WADA auf die Beine zu stellen. …. Eine stärkere WADA wird uns allen mehr Vertrauen geben.” Dazu gehört seiner Meinung mehr Einfluss durch die NADOs und auch mehr unabhängige Athleten, “weil sie die wichtigsten Akteure sind”. Andersen betont die Wichtigkeit der NADOs, denn “wir sind keine Servicedienstleister … Wir sind unabhängige Organisationen, die über eine Struktur verfügen, wie sie sein sollte. Nämlich getrennt vom Sport und den Regierungen.”
Während die NADOs die Meinung verfolgen, Russland von den Olympischen Winterspielen 2018 auszuschließen, hat Craig Reedie, der Vorsitzende der WADA, diesen Aufruf der NADO’s kritisiert, er meint, dass Russland sehr viel erreicht hätte und man vorwärts und nicht rückwärts schauen solle.
Zur Zeit ist es wohl noch so, dass das IOC einen Komplettausschuss der russischen Athleten von den Olympischen Winterspielen 2018 nicht sieht, dies wäre nicht vereinbar mit der olympischen Charta.
De Pencier und Andersen glauben, dass auch die NOKs (Nationalen Olympischen Komitees) und die Athleten ihre Meinung bezüglich der Spiele in Pyeongchang klar äußern müssen, bisher seien die Athleten in den Ländern nicht stark genug in Gruppen aufgetreten, sondern eher als Einzelkämpfer gegen das Doping. Dazu brauchen die Sportler nach Andersens Meinung aber Unterstützung, denn sie seien nicht besonders gut vernetzt.
Abschließend sagt de Pencier über die Rolle der NADOs: “Immer mehr NADOs stellen Ermittler ein, die Arbeitsgruppen mit Analysten aufbauen. Sie stellen die Rahmenbedingungen auf, damit Athleten und Andere sich äußern und ihre Verdächtigungen kundtun können. Sie nutzen diese Informationen, um ihr Testverfahren zu verbessern. Ich kenne mittlerweile ein halbes Dutzend NADOs, die von einem ehemaligen Polizeibeamten geleitet werden. Das ist kein Zufall, sondern die Erkenntnis, dass wir die Fähigkeiten dieser Menschen brauchen, um unsere Programme effektiver zu machen. Und das ist ein Bereich, wo sich die NADOs von den internationalen Verbänden unterscheiden. Die Programme von den internationalen Verbänden haben generell keine investigativen Kapazitäten. Sie können keine investigativen Kapazitäten zur Verfügung stellen, die über 200 Länder auf der Welt abdecken und eine Unzahl von Sprachen und Kulturen. Hier sind die NADOs die klaren Vorreiter in dieser Entwicklung.”
(Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/dlf-sportgespraech-wir-koennen-niemals-aufgeben.892.de.html?dram:article_id=399321)