Zukunftsweisende Konzepte, aber: Ohne Moos nix los im DSV

by Daniela Kapser 0

December 10th, 2018 Deutsch

Kommentar zum Rücktritt von DSV Präsidentin Gabi Dörries, Autorin: Daniela Kapser

„Ohne Moos nix los“ könnte man ins Englische übersetzen mit: „No money, no fun“. Aber ein Spaß war die Entscheidung der Delegierten beim außerordentlichen Verbandstag des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) in Bonn wirklich nicht.

Hatte die DSV Präsidentin Gabi Dörries in einem Brief an die Vereine sehr eindringlich auf die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge um 0,60 Euro auf 1,40 pro Jahr hingewiesen und die Notwendigkeit mit plausiblen Zahlen belegen können, so wurde dieser Antrag vertagt. Wieder einmal konnte keine Einigung über die erste Beitragserhöhung seit den 1980er Jahren erzielt werden.

2016, als Gabi Dörries für das Amt kandidierte, hatte sie bereits diesen Punkt in ihrem Wahlprogramm. In den letzten 2 Jahren, nachdem die Unternehmerin detaillierte Einblicke in die Finanzsituation des DSV gewinnen konnte, war ihr dieses Anliegen die Einberufung eines außerordentlichen Verbandstages wert – bis zur Mitgliederversammlung im Mai 2018 wollte sie nicht warten.

In ihrem sehr langen und ausführlichen Brief über die Finanzsituation des DSV scheute die Präsidentin sich nicht, die Unterdeckung, den Liquiditätsengpass darzustellen und zu belegen. Die Frage ist, was daran nicht zu verstehen ist: Dem DSV fehlt Geld und diese Lücke wird nicht kleiner werden. „No money, no fun.“

Nun befürchten wohl die regionalen Schwimmverbände, die 0,60 Cent nicht auf die Mitglieder umlegen zu können. Und haben eine Vertagung durchgesetzt. Ein Effekt: Gabi Dörries und Andrea Thielenhaus, die Verantwortliche im Präsidium für die Finanzen, traten am Samstag zurück. Ein Schritt, der dem DSV viel Öffentlichkeit in den letzten zwei Tagen brachte – allerdings eine Publicity, die nicht positiv war und sicher auch z.B. beim DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) nicht positiv ankommen wird.

Bis zu den Neuwahlen im Mai werden die Geschäfte des Verbandes nun von einem  einem vierköpfigen Präsidium, bestehend aus den Vizepräsidenten Uwe Brinkmann und Wolfgang Hein, dem Direktor Leistungssport Thomas Kurschilgen sowie dem Vorsitzenden der Deutschen Schwimmjugend, Kai Morgenroth, geleitet.

Herr Kurschilgen, dem von allen Seiten eine bisher sehr gute Arbeit in seiner kurzen Amtszeit zugesprochen wird, blieb nichts anderes übrig, als die Ergebnisse des Verbandstages als sehr positiv darzustellen. Er bezeichnete die Ergebnisse als “historischen Grundstein für einen zukunftsfähigen Verband”, der seiner Meinung nach in Bonn am vergangenen Samstag mit einer Änderung der bisherigen DSV Satzung gelegt wurde.

„Historischer Grundstein“ hört sich ja toll an, ohne Details zu kennen. ABER: Neue Konzepte und Projekte kosten Geld. Nun kann man auch sagen: „No risk, no fun“, denn laut Gabi Dörries gab es schon einen Liquiditätsengpass beim DSV und sie sah den DSV zukünftig in derselben Situation in 2019. In 2017 konnte man wohl die Lücke ausgleichen. Aber: Wenn eine erfolgreiche Unternehmerin wie Gabi Dörries und mit Andrea Thielenhaus eine Steuerfachwirtin, „durch die heutigen Beschlüsse …. keine Basis für eine weitere Arbeit in der Position der Präsidentin” sehen, somit ihre Ämter nicht mehr ausüben wollen, dann stimmt dies schon nachdenklich.

Der DSV ist finanziell immer weniger auf der Welle des Erfolges – weil dieser z.B. bei den Beckenschwimmern fehlte und der DOSB gnadenlos Mittel streicht, ebenso wie Bundesstützpunkte.

Zu internationalen Wettkämpfen werden immer weniger Schwimmer geschickt, was sich leicht mit den hohen Anforderungen des DOSB begründen lässt – aber zur EM in Glasgow durften auch 30 Athleten. Und Team Germany erzielte respektable Erfolge und ganz wichtig: Im Gegensatz zur WM im Jahr 2017 waren die Stimmung und das Mannschaftsgefühl und die Außenwirkung sehr positiv.

Zur Zeit gibt es keinen Wettkampf in Deutschland im Schwimmsport, der internationale Beachtung findet. Keinen World Cup, kein ISM Berlin. Zu internationalen deutschen Meisterschaften kommen keine Topschwimmer. Selbst kleine Länder wie Holland oder Luxemburg schaffen es Jahr für Jahr, internationale Topstars zu Veranstaltungen zu locken und dem nationalen Schwimmsport und natürlich den Sponsoren eine Bühne und Presseaufmerksamkeit zu geben. In Deutschland hingegen versucht der Spitzenverband wohl nur noch, den Kopf über Wasser zu halten – der Weg bis zur rettenden Wand wird immer weiter.

Das letzte Wort soll der ehemaligen deutschen Spitzenschwimmerin Dorothea Brandt gehören, die viele Jahre Aktivensprecherin der Schwimmer war und sich bei Facebook geäußert hat (Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung durch D. Brandt):

“IHR MACHT UNSEREN SPORT KAPUTT!

Die Präsidentin und die Vizepräsidentin Finanzen des Deutschen Schwimm-Verbandes sind heute im Rahmen der außerordentlichen Mitgliederversammlung in Bonn geschlossen zurückgetreten. Nach etwa zwei Jahren im Amt ist dies eine sehr traurige Konsequenz dessen, was momentan im DSV passiert. Zwei Jahre hat Frau Dörries versucht den Verband neu zu strukturieren, um ihn auf die Zukunft vorzubereiten. Es wird immer wieder gefragt, warum der deutsche Schwimmsport gegenwärtig so erfolglos ist. Heute haben die Fragenden eine Antwort erhalten.

Das, was ich heute in Bonn erlebt habe, ist ein Schlag ins Gesicht des deutschen Schwimmsports und der weiteren Sportarten im DSV. Der Grundstein wurde dabei zu Beginn der Versammlung mit einem Antrag aus Baden gelegt, der dazu führte, dass die Abstimmung über die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge von der Tagesordnung gestrichen und vorerst in das nächste Jahr verlegt wurde. Dies hatte zur Folge, dass alle weiteren Entscheidungen keinerlei Grundlage mehr hatten und u.a. die Vorbereitungen der Nationalmannschaften auf die Olympischen Spiele akut gefährdet sind. Der gesamte Verlauf wurde durch den Antrag aus Baden ad absurdum geführt. In der Folge der Veranstaltung wurde gegen wichtige Änderungen der Satzung gestimmt und somit schlussendlich gegen den Schwimmsport.

Ich war das erste Mal als Beobachterin auf einer Mitgliederversammlung des DSV. In meiner Zeit als Aktivensprecherin verhinderten Training und Wettkämpfe einen Besuch. Mit den heutigen Eindrücken kann ich sagen, dass dies gut war. Hätte ich so eine Veranstaltung wie die heutige als Aktivensprecherin erlebt, hätte ich nicht mehr die Motivation gehabt weiter für meinen olympischen Traum zu trainieren. Ich bin bis jetzt schockiert. Es ist erschreckend wie eine notwendige Veränderung und damit der Sport insgesamt derart boykottiert werden können. Es mag sein, dass ich nicht alle Zusammenhänge vollständig verstehe. Doch ich verstehe genug, um die Wichtigkeit dieser Veränderung zu erkennen. Dieses Verständnis teile ich offensichtlich nur mit den wenigsten der heute anwesenden Stimmberechtigten.

Der gesamte deutsche Sport befindet sich in einer Phase der Veränderung. So wie der DOSB Änderungen vorantreibt, so müssen es auch die Verbände tun. Entweder fühlen sich einige Landesverbände dabei jedoch nicht in der Verantwortung oder die Angst vor einer Veränderung lähmt sie.

Liebe Stimmberechtigte, ihr habt euren Auftrag heute nicht erfüllt. Ihr habt heute eine Vision zerstört, die in den Schwimmhallen dieses Landes gelebt wird. Ihr habt heute den Grundstein für das Ende des Leistungssports im DSV gelegt. Ihr habt heute langfristig die olympischen Träume vieler Aktiver zerstört oder ihnen zumindest auf ihrem Weg zu den Olympischen Spielen 2020 einen weiteren Fels in den Weg gelegt. So wie ihr den Aktiven die Rahmenbedingungen zur Ausübung ihres Sport bietet, so profiliert ihr euch über ihre Erfolge. Dieses System funktioniert nur Hand in Hand, doch ihr habt den Aktiven eure Hand heute verweigert. Ihr habt nicht gedacht wie Sportlerinnen und Sportler. Ihr habt nur an ein Problem gedacht, nicht an eine Lösung. Sportlerinnen und Sportler denken und handeln lösungsorientiert. Davon solltet ihr euch eine Scheibe abschneiden. Und wenn ihr heute Lösungen gehabt hättet, dann schämt euch, dass ihr nicht aufgestanden seid, um diese vorzutragen.”

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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