Alex Kunert: “Mein Traum wäre unvollendet, hätte ich 2016 aufgehört.”

by Daniela Kapser 0

April 04th, 2017 Deutsch

Im vorolympischen Jahr 2015 überzeugte Alexander Kunert mit starken Leistungen wie zum Beispiel seinem 14. Platz im Halbfinale bei den Weltmeisterschaften in Kasan in 1.57,29 – dies Zeit war nur 0,01 Sekunden langsamer als seine Bestzeit im Vorlauf. Alexander war der jüngste Schwimmer von den 16 Startern im Halbfinale, geboren am 31.01.1996.

Natürlich war Alexanders großes Ziel die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2016 in Rio – darauf hatte er sich gezielt vorbereitet, er war seit dem 1. Oktober 2015 in Berlin als Student eingeschrieben und trainiert immer noch dort am Olympiastützpunkt. Seine größten Erfolge bisher sind: Deutscher Meister 2015, 200 m Schmetterling in 1.57,36 Minuten; Vize-Meister auf der Kurzbahn 2014 über 200 m Schmetterling in 1:54,62 Minuten,  Dritter über die 100 m Schmetterling in 52,15 Sekunden.  Seine erste internationale Einzelmedaille holte er 2014 bei den Junioren Europameisterschaften in Dordrecht über 200 m Schmetterling in 1:58,92 als Dritter.

Bei den Deutschen Meisterschaften Anfang Mai 2016 in Berlin konnte Alex seine Bestzeit im Vorlauf auf 1:57,05 Minuten verbessern und war damit auf Kurs, also unter der geforderten Norm für Rio (Vorlauf 1:58,20). Und auch im Endlauf sah es auf den ersten 150 Metern gut aus, auf allen Teilstrecken war er zunächst noch schneller als im Vorlauf: 26,07, 55,49 und 1:25,73 – heraus kam aber dann eine Zeit, die mit 1:57,11 Sekunden über der im Endlauf geforderten Normzeit von 1:56,33 Minuten lag. “Im Vorlauf bei der DM 2016 hätte ich gefühlt schneller schwimmen können, wollte mir für das Finale noch Kraft aufsparen. Diese Rechnung ging leider schief, denn zweimal 200 m Schmetterling an einem Tag, da kommt dann leider der Mann mit dem Hammer und haut einen die letzten 10 Meter aus der Bahn. Mich hat sehr geärgert, dass ich morgens nicht schon unter 1:57,05 geschwommen bin, aber hinterher ist man immer schlauer.”

Die Enttäuschung über die verpasste Olympiaqualifikation war Alexander nach dem Rennen natürlich deutlich anzumerken und er sagt auch heute noch: “Zunächst bin ich in ein tiefes emotionales Loch gefallen. Meine Trainer haben versucht, mich zu motivieren, mit dem Schwimmsport weiter zu machen. Meine Familie und Freunde hielten zu mir. Das war sehr ermutigend. Im Oktober 2016 bin ich dann wieder locker ins Training eingestiegen. Ein Wechselbad der Gefühle, ein Auf und Ab. Bis vor den Deutschen Meisterschaften auf der Kurzbahn war ich noch im “Aufhörmodus”. Dass es dazu nicht kam, dafür bin ich meinen Eltern, Robert Harting und Julia Fischer sehr dankbar, die mir klar gemacht haben, dass mein Traum unvollendet wäre, wenn ich jetzt aufhöre, zu schwimmen. Seit Anfang Dezember 2016  trainiere ich deswegen wieder voll. Ich habe nun eine sehr gute Mentaltrainerin, die mich unterstützt. Nicht zu vergessen sind auch die Physiotherapeuten, eine super Unterstützung für uns Sportler am OSP-Berlin.”

Alexander findet es toll, dass es jetzt auch eine Krafttrainerin in Berlin am Olympiastützpunkt gibt. Zudem ist mit dem Dänen Stefan Hansen nun ein neuer Cheftrainers am Bundesstützpunkt Berlin im Deutschen Schwimm-Verband (DSV) seit dem 1.3.2017 im Amt – der 35-jährige Vater von zwei Kindern tritt damit die Nachfolge von Gerd Eßer an. “Mit dem neuen Trainer Stefan Hansen hoffe ich auf eine gewisse Kontinuität, nach 5 Trainierwechseln in 4,5 Jahren. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm, hoffe, dass die Chemie stimmt.” ergänzt Alexander.

Seit dem Wiedereinstieg ins Training hatte Alexander meistens bei Alexander Römisch trainiert – ihm ist er sehr dankbar, dass “er mich motiviert und betreut hat in der schweren Zeit seit der verpassten Olympiaquali.” Nun sind die Olympischen Spiele in Tokio 2020 sein erklärtes Ziel. “Zu gerne würde ich auch über 100 m Freistil beweisen, dass ich wie in Nanjing 2014 und bei den Junioren-Europameisterschaften 2013 und 2014 ein sehr guter und nervenstarker Staffelschwimmer bin. Aber da bei den Deutschen die 100 m Freistil immer genau vor den 200 m Schmetterling geschwommen werden, kann ich leider mein wahres Staffel-Potential nie wirklich zeigen. Das finde ich sehr bedauerlich. Vielleicht ändern die Veranstalter ja mal die Reihenfolge bei den Deutschen Meisterschaften, um uns Freistil- und Schmetterlingsschwimmern mehr als eine einzige Chance auf eine WM-Qualifikation zu ermöglichen.”

Alexander Kunert trainiert wieder genauso hart wir vor den Deutschen Meisterschaften 2016. Ein typischer Tag im Leben des Studenten und Hochleistungssportlers sieht so aus: Aufstehen um 5.30 Uhr, 35-45 Minuten Fahrt morgens und abends zur Trainingshalle, Wassertraining ca. 2,5 Stunden, dann Physio oder Mentaltraining, nachmittags trainiert er von 15.30 bis 18.00 Uhr, manchmal bis 19.00 Uhr im Wasser. Mittwochs und samstags trainiert Alexander nur am Vormittag, dafür aber 3-3,5 Stunden. Nach dem Training fährt er zur Universität, um auch im Studium voranzukommen. Und: einen Nebenjob, um seinen Lebensunterhalt aufzubessern, hat Alex ebenfalls.

Bei den Deutschen Meisterschaften 2017 im Juni kann sich Alexander Kunert über die Normzeiten für die offenen Klasse (Vorlauf 1:57,72, Endlauf 1:56,03)  oder die U23 Schwimmer (Vorlauf 1:57,28, Endlauf 1:56,69) für Budapest qualifizieren. Dieser Qualifikation für die Weltmeisterschaften im Juli 2017 in Budapest sieht er gelassen entgegen: “Ich habe die Pflichtzeit im Sommer 2017 drauf, wenn alles normal läuft. Ich muss sie dann einfach nur abrufen, auf dem Punkt genau, das ist das Härteste. Aber das geht ja allen Schwimmern so. Der Deutsche Rekord über 200 m Schmetterling wird dieses Jahr fällig, wenn nicht durch mich, dann durch einen anderen deutschen Schwimmer, da bin ich mir sicher.” Dieser deutsche Rekord wird gehalten von Michael Groß in 1.56,24 Minuten und besteht seit dem 28.06.1986.

 

 

Alexander Kunert: Mein Traum von Olympia (Video)

 

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